Die Orientierung der Dreiteilung des Romans
Die Dreiteilung des Romans „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink fällt sowohl im Emotionalen als auch im Zeitlichen auf. Besonders interessant ist, dass sich die zeitliche Unterteilung auch an der persönlichen Entwicklung und an der Alterung von Michael orientiert. Weiterhin kann man erkennen, dass die Dreiteilung ebenso an dem Status der Beziehung zwischen Michael und Hanna festhält. Besonders im ersten Teil fällt die pubertäre Verhaltensweise von Michael auf, so zum Bespiel auf Seite 15: „Ich konnte die Augen nicht von ihr lassen. Von ihrem Nacken und von Ihren Schultern, von ihren Brüsten, die das Unterkleid mehr umhüllte als verbarg, von ihrem Po, […]“.
Ebenso ist die Beziehung zu Hanna, ausgedrückt durch sein pubertäres Verhalten, sehr stark.
Nach dem Verschwinden von Hanna (S. 83; „Nachdem Hanna die Stadt verlassen hatte, […]“) beginnt der zweite Teil und Michael entwickelt sich zu einer erwachsenen Persönlichkeit.
Die Beziehung zu Hanna kommt im zweiten Teil fast vollständig zum Erliegen, verstärkt sich aber während dem Gefängnisaufenthalt von ihr im dritten Teil wieder leicht. Allerdings ist diese Art von Beziehung nicht mit der Tiefe zu vergleichen, die vor dem Verschwinden von Hanna bestand. Michael wirkt im dritten Teil eher wie ein emotionaler, aber außenstehender Beobachter.
Verbindung der Teile
Die drei Teile von „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink sind auf den ersten Blick nur durch den chronologischen Lauf der Geschichte verbunden. Auf Grund der großen Zeitsprünge gibt es kaum konkrete emotionale Verbindungen zwischen den Teilen. Die Übergänge sind alle abrupt, um dem Leser den Wandel in den jeweils folgenden Kapiteln darzustellen. Inhaltlich basieren die einzelnen Teile jedoch auf einander und es lassen sich verschiedene Entwicklungsstufen z.B. in der Beziehung zwischen Hanna und Michael oder auch im Heranwachsen von Michael feststellen. Diese Entwicklungsstufen bauen zwar in logischer Konsequenz aufeinander auf, sind aber im Buch nicht direkt erkennbar verbunden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die drei Teile des Romans sinngemäß aufeinander aufbauen und nicht in ihrer Reihenfolge vertauschbar sind, aber inhaltlich bewusst getrennt sind, um den Verlauf und die Entwicklungsstufen besonders deutlich zu machen. Auffällig auf der inhaltlichen Ebene sind ebenfalls wiederkehrende Motive, die in allen Teilen vorkommen. So zum Beispiel die Assoziation von Hanna mit einem Pferd. Michael nennt sie im ersten Teil als Kosenamen so, im zweiten Teil erfährt der Leser, dass die KZ-Insassen sie „Stute“ genannt haben.